Gender Pay Gap: Wie steht es um die Gleichberechtigung der Geschlechter in Europa?

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Frau lehnt am Tisch und schaut auf ihr Handy – Gender Pay Gap
Das Wichtigste zum Thema Gender Pay Gap

Lesezeit: ca. 6 Minuten

  • Der Gender Pay Gap beschreibt den Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, wobei in bereinigten und unbereinigten Gender Pay Gap unterschieden wird.
  • In der Europäischen Union (EU) liegt der unbereinigte Gender Pay Gap im Durchschnitt bei etwa 13 Prozent.
  • Der Equal Pay Day markiert den Tag im Jahr, bis zu dem Frauen symbolisch umsonst arbeiten.
  • Zu den Hauptgründen für die Lohnlücke zählen, dass Gehaltsstrukturen oft intransparent sind, Frauen in Berufen mit geringem Gehalt arbeiten und sie den Job häufiger unterbrechen.
  • Der größte Hebel, um den Gender Pay Gap zu verringern liegt in der Politik.

Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern? Das ist in vielen Ländern noch lange nicht erreicht, aber einige sind auf einem guten Weg dahin. Der Gender Pay Gap ist eine Möglichkeit, um die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern messbar zu machen.

Anna und Anton arbeiten mit den gleichen Qualifikationen in einer ähnlichen Position. Trotzdem verdient Anton mehr als Anna. Warum ist das so? Bei der Erschließung dieser Frage hilft der Gender Pay Gap. Er ist immer wieder in der Diskussion und wird oft verwendet, um Ungleichheiten in der Gesellschaft aufzuzeigen. Das Problem ist: Oft wird er ohne Zusammenhänge und anhand verschiedener Zahlen dargestellt. Für viele Personen ist das verwirrend und nicht immer verständlich – deswegen wird jetzt aufgeklärt, wie sich die verschiedenen Zahlen zusammensetzen.

Das sagt der Gender Pay Gap aus

Der Gender Pay Gap wird jedes Jahr neu erhoben und ist dadurch immer wieder ein Thema in der Gesellschaft. Aber was genau beschreibt er und wie wird er gemessen?

Zunächst stellt er den Lohnunterschied pro Stunde zwischen Frauen und Männern dar. Die Gründe für diesen Unterschied sind vielfältig: Frauen arbeiten, zum Beispiel, öfter in schlecht bezahlten Berufen oder werden nicht so schnell zur Führungskraft wie Männer. Doch auch, wenn Frauen einen vergleichbaren Beruf ausüben und die gleiche Qualifikation haben wie Männer, kann das Gehalt vom Arbeitgeber variieren.

Unterschieden wird der Gender Pay Gap in unbereinigt und bereinigt. Das sind zwei verschiedene Methoden zur Berechnung der Lohnlücke, die jeweils eine andere Aussage haben.

Unbereinigter Gender Pay Gap

Er vergleicht allgemein das durchschnittliche Bruttogehalt aller Arbeitnehmenden. Dabei berechnet er die Differenz des Bruttogehalts von Frauen und Männern in Prozent. Für die Berechnung wird auch der Lohnunterschied bei unterschiedlichen Berufen sowie anderen Qualifikationen oder Karrierestufen mit einbezogen. Die Ergebnisse basieren auf einer vierjährigen Verdienststrukturerhebung und werden in folgende Bereiche kategorisiert: Alter, Bildungsniveau, Tätigkeit, Leistungsgruppe, Tarifbindung, Einfluss der öffentlichen Hand, Unternehmensgröße und Wirtschaftsbereich.

Bereinigter Gender Pay Gap

Hier handelt es sich um einen direkten Branchen- und Jobvergleich. Es wird die Lohnlücke von Bruttogehältern zwischen Frauen und Männern in vergleichbaren Berufen und Tätigkeiten berechnet. Die Zahlen sind dabei immer geringer als bei dem unbereinigten Wert. Auch der bereinigte Gender Pay Gap basiert auf einer Verdienststrukturerhebung. Jedoch wird die Differenz gemessen, die Rückschlüsse auf strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern je Beruf, Branche oder Karrierelevel schließen lässt. Seit dem Jahr 2014 liegen zudem Ergebnisse zum bereinigten Gender Pay Gap für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) vor.

Beide Berechnungen haben ihre Berechtigung. Die meisten Statistiken arbeiten mit dem unbereinigten Gender Pay Gap – dieser Wert ist größer und sorgt damit für mehr Aufmerksamkeit. In Deutschlag lag 2022, zum Beispiel, der unbereinigte Gender Pay Gap bei 18 Prozent, der bereinigte, hingegen, bei 7 Prozent. Zudem zeigt er die wichtigsten Unterschiede auf: Frauen verbringen meistens mehr Zeit mit Care-Arbeit, wie die Erziehung der Kinder oder die Pflege von Angehörigen, und arbeiten öfter in Teilzeit.

Gender Pay Gap im EU-Vergleich

In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) variiert der unbereinigte Gender Pay Gap sehr stark. Bis zum Jahr 2021 liegen aktuell die Daten vom Eurostat auf EU-Ebene vor.

  • In Rumänien, Slowenien und Polen liegt ein sehr geringer Gender Pay Gap vor, der unter 5 Prozent liegt.
  • Direkt darauf folgen Italien und Belgien mit etwa 5 Prozent Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern.
  • Die EU-Länder Spanien, Griechenland und Kroatien liegen im mittleren Feld: Der Gender Pay Gap beträgt um die 10 Prozent.
  • Tschechien, Frankreich und die Slowakei liegen bei einem Lohnunterschied von über 15 Prozent.
  • Zu den Spitzenreitern und damit den höchsten Gender Pay Gaps auf EU-Ebene gehören Ungarn, Deutschland und Österreich. In diesen Ländern liegt er zwischen 17 und 19 Prozent.
Pärchen legt die Hände aufeinander

Damit befindet sich die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern 2021 in der EU bei durchschnittlich etwa 13 Prozent. Noch im Jahr 2012 hat der EU-Durchschnitt bei 16,4 Prozent gelegen und sich damit schon verringert.

Der Equal Pay Day

Jedes Jahr findet der Equal Pay Day als Aktionstag statt, um symbolisch den Tag zu markieren, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten. Damit macht er auf ungleiche Bezahlung aufmerksam. Wenn der Gender Pay Gap, zum Beispiel, bei 18 Prozent liegt, findet der Equal Pay Day am 7. März statt. Da sich der Prozentwert jährlich ändert, findet der Aktionstag jedes Jahr an einem anderen Tag statt.

Seinen Ursprung hat der Tag, der den „Equal Pay“ symbolisiert, in den USA. Die Frauenrechtsaktivistin Susan B. Anthony hat in den 1960er Jahren die Forderung nach einer Entgeltgleichheit angeführt. Unter anderem hatte sie auch eine bedeutende Rolle in der Bewegung rund um das Frauenwahlrecht in den USA. Nachdem ihre Forderungen immer noch nicht umgesetzt wurden, hat das National Committee on Pay Equity den Equal Pay Day eingeführt. Seit 2011 findet der Aktionstag in über 23 europäischen Länder national statt.

»Es hilft über unsere Bezahlung zu reden, mit Freunden, mit Kolleginnen und Kollegen oder mit unserer Familie. Transparenz hilft jedem Einzelnen für eine fairere Bezahlung.«

Tijen Onaran, CEO & Gründerin bei GDW Global Digital Women GmbH

Warum gibt es so große Unterschiede beim Gehalt?

Die ungleiche Verteilung im Einkommen von Frauen und Männern lässt sich auf verschiedene Gründe zurückführen. Zu den Hauptgründen zählen, dass Gehaltsstrukturen oft intransparent sind, Frauen in Berufen mit geringem Gehalt arbeiten und sie den Job häufiger unterbrechen.

1. Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt

Eine Frau arbeitet als Krankenpflegerin und ein Mann als Handwerker – das sind geschlechterspezifische Berufe. Für beide Berufe wird beispielsweise eine dreijährige Ausbildung benötigt. Dennoch unterscheidet sich das Gehalt erheblich. Eine körperlich schwere Arbeit im Handwerk wird vermeintlich höher bewertet, während die Arbeit mit Menschen in der Krankenpflege weniger Anerkennung erhält und der körperliche Aspekt übersehen wird. Deshalb verdient die Frau in diesem Fall weniger als der Mann und ist nicht gleichberechtigt. Doch auch innerhalb der gleichen Branche verdienen Frauen oft weniger, wie der bereinigte Gender Pay Gap zeigt. Sie werden seltener befördert und können nicht so schnell Karriere machen wie Männer.

2. Auszeiten und Pausen

Natürlich gibt es kein Gesetz, das besagt, dass Frauen die Care-Arbeit in der Familie zum größten Teil übernehmen sollen – dennoch ist es in vielen Familien die Regel. Dabei handelt es sich um unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt, bei der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Verwandten. Eine Studie von Oxfam aus dem Jahr 2018 besagt, dass Frauen und Mädchen weltweit jeden Tag 12 Milliarden Stunden unbezahlte Care-Arbeit leisten. Daraus resultiert, dass sie häufiger in Teilzeit arbeiten, Unterbrechungen durch eine längere Elternzeit haben und somit seltener in Führungspositionen zu finden sind. Es fehlen ausreichende Betreuungsmöglichkeiten, die entlasten könnten.

3. Intransparente Gehälter

Es gibt noch ein Problem, dass den Gender Pay Gap beeinflusst: Die fehlende Offenlegung von Gehältern in Unternehmen. Die fehlende Transparenz ist mitverantwortlich für die Lohnlücke. Frauen sind zudem oft zurückhaltender bei der Verhandlung des Gehalts oder dem Fordern von Bonuszahlungen oder Beförderungen. Wenn Gehälter transparent sind, gibt es sicherlich für viele Menschen sowohl positive als auch negative Überraschungen geben. Aber so hat jeder Mensch die Möglichkeit sein Gehalt zu vergleichen und weiß dadurch, was er fordern kann.

Wenn Frauen in ihrem Leben weniger Geld verdienen, hat dies automatisch einen Einfluss auf die Rente. Aus dem Gender Pay Gap entsteht der Gender Pension Gap. Die deutlich niedrigeren Renten bedingen auch, dass Frauen im Alter öfter unter Altersarmut leiden. Zudem zeigen die Gründe der fehlenden Gleichstellung, dass es nicht nur ein Thema des Geschlechtes ist, sondern auch ein Familienthema.

Drei Frauen lachen zusammen

Wie können wir mehr Gleichberechtigung schaffen?

Bei dem Thema Familie gibt es die größte Chance, um Gleichberechtigung zu erreichen. Aktuell fehlen passende Maßnahmen in der Politik, aber hier liegt der größte Hebel gegen den Gender Pay Gap. Betreuungsangebote für Kinder müssen deutlich ausgebaut werden und die Vollzeitarbeit von 40 Stunden könnte gesenkt werden. Wenn, zum Beispiel, alle eine 4-Tage-Wochen haben, kann die Care-Arbeit gleichberechtigter verteilt werden. Darüber hinaus sollten gesellschaftliche relevante Berufe in der Pflege, Erziehung und Bildung höher vergütet werden als bisher.

Zudem kann es helfen, wenn Gehälter transparent werden, um sich in Verhandlungen nicht unter Wert zu verkaufen. Auch Tijen Onaran, CEO & Gründerin bei GDW Global Digital Women GmbH, sagt: »Es hilft über unsere Bezahlung zu reden, mit Freunden, mit Kolleginnen und Kollegen oder mit unserer Familie. Transparenz hilft jedem Einzelnen für eine fairere Bezahlung.«

Abschließend lässt sich sagen: Je kleiner der Gender Pay Gap wird, desto besser für die Gleichberechtigung. Gerecht ist, wenn weder das Geschlecht noch die familiäre Situation eine Rolle für die finanzielle Sicherheit spielen.

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